Frieden wird es erst geben…

… wenn wir die Kriege in uns selbst beenden

Bernau, 25. März 2024

Liebe Nora,

ich verfolge deinen Briefwechsel sehr intensiv und finde ihn wirklich gut. Deshalb springe ich jetzt auch mitten hinein und schreibe dir, was mir dazu durch den Kopf geht.
Als erstes kommt mir die Frage: Warum lassen wir uns überhaupt spalten? Gilt es nicht, viel eher zu schauen: Was uns verbindet? Was wir gemeinsam haben? Warum agieren wir gegeneinander?
Das ist doch genau so gewollt.
Überall herrscht Krieg, überall heißt es: Du bist doof und ich weiß Bescheid.
Da ertappe ich mich immer wieder selbst – wir alle müssen darauf achtgeben, nicht der Versuchung zu erliegen, es besser wissen zu wollen als die anderen, sondern uns ehrlich begegnen, einander zuhören, sich in den anderen einfühlen – wie heißt es schön: „einfach“ mal die Perspektive wechseln. Wenn es so einfach wäre. Aber eigentlich ist es das. Und spannend darüber hinaus auch noch. Horizont erweiternd.

Wenn wir wirklich wollen, dass die Kriege im Außen aufhören, müssen wir erst einmal die Kriege in uns besänftigen, beenden – müssen uns in uns selbst begegnen, ganz ehrlich, als Mutter, als Frau, als Partnerin, als Kollegin, als Tochter, als Schwester, als Mann, als Vater, als Sohn, als Lehrer, als – alles, was uns einfällt?

Frieden wird es nur und erst dann geben, wenn wir in Liebe sind.
Daran arbeite ich gerade.
Machst du mit?

Liebe Grüße,
Maxie.

Die Spaltung ist immer noch da!

Wie damit umgehen?

Leipzig, 23. März 2024

Liebe Emma,

man o man, einen Therapeuten, dafür, dass wir ausgegrenzt worden sind. Was für ein Schwanz. Und der Wahnsinn geht ja weiter. Auf so vielen verschiedenen Ebenen.
Aber das Fass will ich heute gar nicht aufmachen. Ich bin gerade zur Buchmesse und genieße meinen kleinen Kasten, an dem es (fast) nur um Bücher geht.
Es ist total schön, nach 2019 endlich wieder hier und dabei zu sein, ich bin sehr erfüllt, heute an Tag drei aber auch sehr erschöpft und müde, deshalb antworte ich nur kurz:
Was mir durch den Kopf ging, als ich deine Nachricht las, war die Frage, wie du wohl reagiert hättest, wenn dein Bekannter, dich einfach nur eingeladen hätte  – ohne den ergänzenden Kommentar. Hättest du im Kopf gehabt, dass bei dieser Hochzeit Leute sein könnten, die geschwiegen und ausgegrenzt haben? Und wäre das für dich ein Problem gewesen? Oder ist es für dich erst durch die Bemerkung, dass auch Menschen eingeladen sind, mit denen du – wegen Corona – ein Problem hättest, zum Problem geworden? Für mich fühlt es sich so an, als sei dadurch erst die Spaltung wieder aufgemacht worden.
Hier und auch bei vielen anderen Veranstaltungen treffe ich immer wieder auf Menschen, die während Corona anders tickten als du und ich. Wenn es in Richtung dieses Themas geht, versuche ich ins Gespräch zu kommen. Ich finde es spannend, die anderen Ansichten zu hören, mache aber auch meine klar. Bisher bin ich damit gut gefahren.
Aber meistens bzw. für die meisten scheint Corona weit weg zu sein, kein Thema mehr. Da ertappe ich mich, für mich ist es ein Thema und ich glaube, ein feines Gespür dafür zu haben, wer damals mit uns war und wer die Schweiger waren oder noch mehr…
Wie damit umgehen? Reden! Ich versuche es – auch über diesen Blog.
Schreib´ mir gerne weiter.
Und eine gute Therapeutin weiß ich wirklich – ich schicke dir ihren Kontakt übers Handy.
Sei ganz herzlich umarmt,
Nora.

 

Noras Antwort auf Emmas Brief vom 20. März 2024

„Blinddarm der Gesellschaft“

Coronas langer Schwanz

Löcknitz, 20.März 2024

Liebe Nora,

wir haben lange nichts voneinander gehört. Oder zumindest DU nichts von mir. Seit November schon liegt dein neuer Fragebogen auf meinem Schreibtisch. Das heißt, inzwischen ist er in die Schublade gewandert. Erst war ich richtig euphorisch, wollte mich unbedingt beteiligen, aber dann konnte ich nicht. Dieser ganze Corona-Wahnsinn wiegt so schwer, ist immer noch präsent. Jedenfalls in mir. Manchmal taucht er ein wenig ab, aber dann ploppt er wieder nach oben und drückt und schmerzt. Diese Corona-Sache hat einfach einen noch viel längeren Schwanz als ich jemals vermutet habe.
Vorgestern wurde ich zur Hochzeit eines Freundes eingeladen, den ich sehr lange kenne und mag. Dieser Freund kam extra vorbei, um mich persönlich einzuladen, aber auch, um mir mitzuteilen, dass ein gemeinsamer Bekannter kommen wird, von dem, so sagte mein Freund, er ja wüsste, dass ich mit diesem ein Problem habe. – Natürlich wegen Corona. –
Nora, mir ruckte das Herz und schüttelte sich. „Nein“, sagte ich, „ ich habe kein Problem mit ihm, ich habe ein Problem damit, wie er sich verhält.“
Das war vor zwei Tagen. Seitdem bin ich total unruhig und merke, wie tiefgreifend diese Coronaausgrenzung für mich war und wie ich immer noch aufräume. Gerade sind die Schweiger dran, die alles haben geschehen lassen. Verrückt.
Ich glaube, ich kann nicht zu dieser Hochzeit gehen. Ich kann nicht mit Menschen feiern, die so ausgrenzend waren. Nicht nur mir gegenüber. Die das zugelassen haben – „Blinddarm der Gesellschaft“ und all diese Scheiße, die wir uns anhören mussten und „Bitte kauft nicht bei …“ – du weißt schon.
Ich glaube, ich brauche da richtig Hilfe. Kennst du jemanden, einen Coach, einen Therapeuten, mit dem ich über dieses Thema sprechen kann? Es ist so tiefgreifend.

Ich danke dir,
liebe Grüße,
Emma.

Stimmabgabe an der Wahl-Urne

Morgen ist auch noch ein Tag

 

Schwedt, 15. März 2024

Liebe Nora,

ich kann nicht schlafen. Muss schreibend verdauen, was ich heute erlebt habe. Vielleicht bewegt es dich ähnlich wie mich.

 

Morgen ist auch noch ein Tag

Blumen, violette Krokusse in einem kleinen Ensemble, ich habe sie selbst ausgegraben und in ein altes Weinglas gestellt. Mitsamt der Erde, in der sie eben noch am Ufer wuchsen, stehen sie nun auf dem Tisch in der Küche am Fenster. Die Sonne strahlt – endlich einen ganzen Tag lang.                                                                      Anna kommt nach Hause, in der Hand hält sie eine gelbe Rose, ich kürze die Rose und stelle sie in eine winzige Flasche und neben das Weinglas. Anna lächelt, es ist Frauentag.

Am Abend gehen wir ins Kino, beschwingt. Zum Empfang gibt es ein Glas Sekt. Mit uns beiden sind es vier Frauen und zwei Männer die sich diesen Film anschauen wollen. Es ist Frauentag!

Der Film beginnt mit einer gutaussehenden italienischen Frau mittleren Alters, die an einem sonnigen Morgen neben ihrem italienischen Mann in Schwarz-Weiß erwacht. Sie begrüßt ihn liebevoll im Bett und er begrüßt sie liebevoll mit einem derben Schlag ins Gesicht.
Sie ist Mutter von zwei Söhnen und einer großen Tochter, kümmert sich um alle und alles und bezieht nebenbei, Prügel von ihrem Mann.
Es ist Frauentag, allerdings nicht im Film.
In einer späteren Szene trifft ein Bekannter aus Kindertagen eben diese Frau. Er liebt sie, hat sie schon immer geliebt und legt ihr in dieser anmutigen Szene sein Herz zu Füßen. Er möchte mit ihr durchbrennen. Sie mag ihn sehr.
In letzter Minute, nach langem Zögern, ringt sie sich durch, flieht aus dem Haus, eilt zum Bahnhof ihn zu treffen, will mit ihm durchbrennen und gemeinsam mit ihm ein neues Leben beginnen.
Zusammen mit hunderten anderen Menschen drängelt sie sich – untermalt von dramatischer Musik – in das Bahnhofsgebäude. Doch anstatt vor dem Geliebten und dem Zug nach Nirgendwo in ein neues Leben, in ein neues Glück, steht sie plötzlich vor einer Urne.
Einer Urne?
Einer WAHL- Urne.
Genau an jenem Tag, an dem die Frau aus ihrem alten Leben fliehen will, dürfen in Italien Frauen zum ersten Mal wählen.
Der Brief,  den die Hauptdarstellerin in einer vorherigen Szene erhielt und der sie zum Bahnhof trieb,  war nicht von ihrem Geliebten, nein es war die Wahlbenachrichtigung! Die Frau rannte und drängelte, um endlich und zum ersten Mal in ihrem Leben zu wählen.
Ich weiß nicht, welche Partei sie wählte, aber sie wählte! Und genau und nur darum ging es. Nicht um den Geliebten.                                                                                                                                                              Alle Frauen um sie herum sind fröhlich, ausgelassen und  – sie wählen. Zum ersten Mal werden Sie nach ihrer Stimme gefragt. Welch neue Freiheit.
Sie geben ihre Stimme. Und WERFEN SIE IN EINE URNE. Beerdigen sie.
Doch das merken sie nicht. Bis heute merken sie, merken wir es nicht!
Der Geliebte ist fort. Und die Frau wird nach Hause kehren und weiter täglich Schmerz und Selbstverachtung ertragen.
Sie hatte nur eine Wahl, sie hat sie genutzt. Aber wie? Viva!

Der Vorhang fällt. Ich löse mich nur langsam aus meiner Schockstarre. Im Kino bleibt es dunkel, niemand schaltet das Licht ein – nicht nur ich bin erstarrt. Halbblind wanken wir sechs Zuschauer zum Ausgang, treten fassungslos nach draußen in die Nacht. Ich bin komplett desorientiert, habe keine Ahnung, wo es nun hingehen soll. Ich schaue Anna an, sie greift meine Hand. Gegenüber die Uhr zeigt, es sind noch zwei Stunden bis Mitternacht, noch zwei Stunden, dann ist dieser Tag vorbei, dieser Abend, dieser Frauentag. Am Küchenfenster zu Hause, steht noch immer die gelbe Rose neben den Krokussen in einem Glas für Wein.
Ich könnte weinen.
Welcher Tag ist morgen noch gleich?

 

Es grüßt dich, noch immer tief bewegt
Paul.

PS: Ich habe gehadert, ob ich dir meine Schilderung wirklich schicken oder lieber für mich behalten soll. Aber du sagst ja, du willst Gedanken vom Heute sammeln für morgen. Das sind meine Gedanken – metaphorisch verpackt. Anders geht’s gerade nicht.

 

 

Gegen das Vergessen

Wißt ihr noch, was am 15. März 2022 los war?

 

Ihr lieben Alle,

wißt ihr noch, was heute vor zwei Jahren los war?
Ich wüsste es nicht, wenn ich damals nicht Tagebuch geführt hätte. Sechs Monate lang von Oktober 2021 bis März 2022 – Tagebuch
einer  VER-RÜCKTEN Zeit. Im März gingen mir schon die Kräfte aus. Da gab es nur noch vier Einträge. Der vorletzte ist vom 15. März 2022.

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15. März 2022

Heute ist der lange Zeit gefürchtete Tag. Der 15. März. Ab heute soll die Impfpflicht für alle im Gesundheitswesen Beschäftigten gelten. Ich bin so froh, dass uns, also Jens, dieses Thema dank seines / unseres Genesenenstatus´ vorerst nicht mehr unmittelbar bedroht.
Voreerst. Denn ab morgen wird im Bundestag über die allgemeine Impfpflicht ab Oktober verhandelt.
Bekommt das überhaupt jemand mit (außer uns Impfunwilligen)?
In den Medien ist Corona in den „Untergrund“ gerückt. Die Inzidenz steigt weiter. In Brandenburg steht die KlinikAmpel angeblich auf Rot. Deshalb wird Brandenburg weiter an allen Regeln festhalten.
Es ist alles so durchschaubar. Wie schon wieder alles aufgebaut. Heimlich, hinter den Kriegsschlagzeilen.

In einem Telefonat versorgte mich Hartmut mit den neuesten Neuigkeiten aus der Corona-Klatschszene:
Heute Morgen Anruf von der ehemaligen Chefbuchhalterin eines Staatsgutes: „Hartmut, du musst mir helfen! Ich sitze in Karlshagen auf Usedom fest. Ich bin in der Reha  und positiv getestet Ich muss hier raus, aber mein Mann lässt mich positiv getestet nicht ins Haus. Ich weiß nicht, wo ich hin soll… Nun zieht sie morgen in unser Wanderhaus ein und kann dort erst einmal für eine Woche bleiben.
  Kaum aufgelegt, klingelt es wieder. Professor M., 86 Jahre, wohnhaft in einem Schloss in Polen, ist wegen Herzschwäche in Pasewalk im Krankenhaus, wird entlassen, ist aber während der Behandlung positiv getestet worden. Jetzt fährt ihn kein Taxiunternehmen nach Hause, weil das Krankenhaus das Taxiunternehmen informiert hat, dass er positiv getestet war. Er war ratlos, wie sollte er nach Hause kommen? Unser Seniorenbesuchsdienst hat ihn erst einmal nach Penkun gebracht und von dort hat ihn ein Pole abgeholt und nach Hause gefahren.
  Ein paar Minuten später klingelt die Hausmutter unseres Alterswohnhauses. Dort wohnt eine ältere Dame, die mich – Corona-Aufmüpfigen – angezeigt hat, weil ich verhindert habe, dass im Haus die Maskenpflicht durchgesetzt wird. Inzwischen, das erzählte mir die Hausmutter, hat sie so viele Impfnebenwirkungen, dass der Arzt nicht anders konnte, als ihr zu bestätigen, dass all ihre Symptome Folgen der Impfung sind.

Impfnebenwirkungen – auch meine neue Zahnärztin erzählt mir von den vielen Impfnebenwirkungen, die sie in ihrer Praxis sieht. Am meisten erschreckte sie eine 19-jährige Abiturientin, die beim letzten Besuch im vergangenen Jahr vor Tatendrang strotzte und nach dem Abi erst einmal die Welt bereisen wollte. Kurz vor Weihnachten ließ sie sich impfen. Ein paar Tage später erlitt sie eine Lungenembolie. Nun ist sie nicht mehr dieselbe. Alle zwei Wochen muss sie in ärztliche Behandlung und immer wird mit neuen Medikamenten experimentiert. Bislang ohne Erfolg.
Bei drei Patienten hat die Sehkraft enorm nachgelassen.
Hemiparese, Muskelzittern, Herzstechen…
Notfallsanitäter von der benachbarten Feuerwache bestätigen ihr, dass sie seit Beginn der Impfungen wesentlich öfter im Einsatz sind.

Ich habe einen Apfelbaum gepflanzt. Einen Hasenkopf.
Außerdem sprießt es auf meinen Permakulturbeeten. Am Samstag bauen wir ein Gewächshaus auf.
Ich sehe schon unsere Bienenwiese.

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Wenn wir denken, Corona sei vor bei, liegen wir, m.E. gründlich falsch, Corona war nur der Anfang. Und wir haben schon wieder so viel vergessen.
Ich will festhalten, notieren, damit wir eines Tages aufarbeiten können.
Ihr seid nach wie vor eingeladen, euch zu beteiligen.

Liebe Grüße,
Nora.